Donnerstag, 23. Dezember 2010

Brauchen wir mehr Piratenpolitik?

Es ist eine kontroverse Frage, ob die Piratenpartei sich darum bemühen sollte, ein Vollprogramm zu entwickeln. Es gilt hier verschiedene Gesichtspunte abzuwägen:

Einerseits: In der Politik sind stets alle Politikfelder auf irgendeine Weise miteinander verbunden. Spätestens, wenn es um die Frage nach den Kosten geht, geraten die unterschiedlichen Ressorts ganz schnell aneinander. Beispielsweise kann man sich nicht ausschließlich für ein gut ausgestattetes Bildungssystem einsetzen, ohne zu erklären, wie das bezahlt werden soll. Deswegen erwarten die Wähler zurecht einen ganzheitlichen Politikansatz. Zu je mehr Themen die Piratenpartei was zu sagen hat, je öfters kann sie sich auch zu Wort melden.

Andererseits: Das Zeitalter politischer Großideologien ist vorbei. Nicht umsonst gibt es einen allgmeinen gesellschaftlichen Trend weg von den Volksparteien hin zu Bürgerinitiativen und Volksbegehren. Diesem Trend sollte sich die Piratenpartei anschließen, da dies auch in einer Linie mit der neuen Kommunikationskultur des Internets ist. Langfristig sollte das politische System der Bundesrepublik dahingehend umgestaltet werden, dass auch themenspezifische Parteien in unserem parlamentarischen System besser integriert werden können. Das Verbot von Unverträglichkeitsklauseln bei Parteimitgliedschaften könnte hierbei eine wichtige Rolle spielen.

Es gibt sicherlich grundlegende Prinzipien, denen sich die Piratenpartei verpflichtet fühlen sollte. Solche Prinzipien sind etwa Individualität (Bürgerrechte, informationelle Selbstbestimmung), Pluralität (Meinungsfreiheit, Ideenwettbewerb), Subsidiarität (gesellschaftliche Probleme wo möglich regional und durch möglichst wenig staatliche Invervention lösen) und Transparenz (Informationsmonopole abbauen). Überall dort, wo sich in Politikfeldern durch diese Grundwerte einfach eigenständige Positionen formulieren lassen, sollte die Piratenpartei dies auch tun. So wäre es sicher im Sinne der genannten Grundwerte, sich für die Förderung genossenschaftlicher Unternehmensformen, insbesondere für Mitarbeiterbeteiligungen einzusetzen.

Einen gesellschaftlichen Brennpunkt, den ich für ganz zentral halte, ist das Feld der Ökonomie, vor allem die Fragen unserer Geldordnung betreffend. Wenn sich die Piratenpartei für den Abbau von Monopolen einsetzt, dann sollte sie auch vor dem gewaltigsten Monopol der "westlichen Wertegemeinschaft" nicht Halt machen: dem Monopol des Geldes. Hier wird sich im Zuge der Euro-Krise sicherlich noch einiges ereignen. Von den etablierten Parteien ist kein kritischer Diskurs zu erwarten. Gleichzeitig aber ist die latente Wut der Bevölkerung über diverse Bankenrettungen nach wie vor vorhanden und kann im Falle neuerlichen Verwerfungen an den Finanzmärkten schnell zu einer gewaltigen gesellschaftlichen Kraft werden. Es wäre wichtig, hier für die Piratenpartei ein klares Profil zu erarbeiten.

Gleichwohl sollte es der Piratenpartei mehr darum gehen, sich in ökonomischen Fragen für mehr Pluralität beispielsweise bei den Unternehmensmodellen einzusetzen, als sich einseitig einer liberalen oder sozialistischen Wirtschaftspolitik zu verschreiben.

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