Sonntag, 7. August 2011

Friedrich lässt die Maske fallen: Inkompetenz in Sachen Demokratie oder heimlicher Blockwart?

Es ist unerhört. Innenminister Friedrich (CSU) hat ganz offen ein Ende der Anonymität im Internet gefordert. "Politisch motivierte Täter wie Breivik finden heute vor allem im Internet jede Menge radikalisierter, undifferenzierter Thesen, sie können sich dort von Blog zu Blog hangeln und bewegen sich nur noch in dieser geistigen Sauce", gab Friedrich im Spiegel zu Protokoll. "Warum müssen ,Fjordman' und andere anonyme Blogger ihre wahre Identität nicht offenbaren?"

Zunächst einmal sollte darauf hingewiesen werden, dass anonyme Meinungsäußerung in der Geschichte häufig wichtige Impulse gesetzt hat. Beispiele gefällig?
  • Johann Wolfgang von Goethe verfasste z.B. die "Römischen Elegien" zunächst anonym, da sie für die Zeit recht freizügig waren.
  • A propos Goethe: 1587 erschien "Historia von D.Johann Fausten" die erste Version des Fauststoffes, der später unter der Feder des Weimarer Dichters zur Weltliteratur wurde.
  • Thomas Paines anonyme Flugschrift "Common Sense" beeinflusste die amerikanische Unabhängigkeitserklärung.
  • Zahlreich waren auch die anonymen Flugschriften zur Zeit der Reformation, etwa "On Aplas von Rom kann man wol selig werden durch anzaigung der götlichen hailigen geschryfft" von 1520 
Nun soll sowas also im Internet nicht mehr möglich sein? Wieso nur im Internet? Pseudonyme sind doch seit eh und je nicht nur bei Trivialautoren Gang und Gäbe. Das dahinter stehende Gut ist die Meinungsfeiheit. Gerade in einem Klima, in dem diese bedroht ist (wie in der Gegenwart) bleibt die anonyme Form der Äußerung immer noch ein wichtiger Schutz für die Privatperson, will jemand auch dann seine Meinung äußern, wenn er (trotz allem) mit negativen Konsequenzen zu rechnen hat.

In diesem Fall wiegt der Grundwert der freien Meinungsäußerung bei weitem mehr als etwaiger Mißbrauch der Anonymität etwa durch Beleidigung oder diskriminierender Hetze jedweder Art. Und den Attentäter von Oslo nun als Folge anonymer Meinungsäußerung hinzustellen ist geradezu grotest in Anbetracht der Tatsache, dass öffentlich-rechtliche Massenmedien ja fleißig mitmachen bei der antiislamischen Hetze.

Die Wahrheit ist: Es geht nicht um die Verhinderung von Anschlägen, sondern darum, dem Internet die Freiheit zu nehmen. Da haben unsere Politiker schon seit langem ein ganz großes Problem. Zu Recht, denn das Internet beflügelt heute den wichtisgen Bewusstseinswandel in der Geschichte der Demokratie, der dazu führen wird, dass wir (die Mehrheit der Bevölkerung) ganz neue und wesentliche weitreichendere Formen der Demokratie durchsetzen werden, als dies den Eliten von heute Recht sein kann.

Ist Herr Friedrich also inkompetent in Sachen Demokratie und Grundrechte? Mag sein. Wenn nicht, dann haben wir es mit einem selbsternannten Blockwart zu tun, dem man schnellstens das Attribut "Demokrat" absprechen sollte.

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